August 2019, Wanderparadies in Mittelschweden
Schon während der Reha nach meiner OP packt uns das Reisefieber erneut. Wir wären ja eigentlich im Osten von Kanada und würden als weiteren Höhepunkt der Reise auf die Farbenpracht des Herbstes warten. Einen würdigen Ersatz hoffen wir in der Tundra Nordschwedens zu finden.
Sobald unsere jungen Familien aus den Sommerferien zurück sind, laden wir den Bus und rollen nordwärts. Rothenburg ob der Tauber mit seiner Altstadt mit vielen Fachwerkhäusern besuchen wir zum Auftakt. Seit Jahren sind wir an dieser Ausfahrt vorbeigedüst, weil die Zeit einfach nicht für alles gereicht hat. Der Abstecher lohnt sich und wir erholen uns beim Spaziergang durch die Gassen herrlich von den Staus auf den Autobahnen, die meistens durch die dringend notwendigen Reparaturen an der Fahrbahn entstehen.
Die Lüneburger Heide finden wir dieses Mal auch. In Schneverdingen spazieren wir durch das Pietzmoor, erfreuen uns an den blühenden Erikas, treffen auf eine Schaf- und Ziegenherde mit ihrem Hirten und seinem Lehrling und sind im Heidegarten in der Nordheide überrascht, wie vielseitig die Pflanzenwelt dieser urwüchsigen Landschaft ist.
Nach diesen zwei Zwischenstopps erreichen wir Schweden einmal mehr über die zwei kürzesten Fährverbindungen. Herrlich, wie ruhige der Verkehrsfluss ist, sobald wir den Hafen von Helsingborg verlassen haben. Dass uns dann die Software des AdBlue-Systems wieder für einen Tag lahmlegt, nehmen wir in Jönköping wesentlich lockerer als vor einigen Monaten in der USA, denn hier spricht der Mechaniker recht gut Deutsch und mit einer neuen Software kann er das Problem schon am Folgetag beheben. Die Strandpromenade am Vättern und die Fussgängerzone von Jönköping sind übrigens auch ohne Panne einen Besuch wert.
Jönköping
Es folgen herrliche Wandertage in verschiedensten Landschaften. Der Tiveden NP ist seit unserem letzten Besuch vergrössert worden. Auf einer 4 ½ stündigen Wanderung streifen wir durch den Beerenwald, an Moorseen vorbei, steigen über und zwischen gewaltigen Felsbrocken hindurch und Blicken vom Aussichtspunkt auf den grossen See in dieser geschützten Landschaft. In dieser ruhigen Umgebung fühlen wir uns wohl. In der Bratforserheide wandern wir zu einer Schutzhütte über einem bezaubernden See, wie wir vergleichbare von unseren Paddeltouren her kennen. Unglaublich wie viele Steinpilze im Moment aus dem Boden stossen, leider haben aber auch die Kleinsten davon schon unzählige Löcher von Besuchern, auf die wir verzichten. Direkt neben dem Wanderparkplatz gönne ich mir die Erfrischung im See. Als wahres Paradies für Wanderer entdecken wir die Umgebung von Idre. Vom Wanderparkplatz Nipfjäll aus oder über den Salsfjället wandern wir durch die karge Pflanzenwelt und über die Flechten bewachsenen Steinfelder und begegnen einer grossen Rentierherde. Welch ein traumhafter Gegensatz zu den Skiliftanlagen und Resorts rund ums Skisportcentrum Idra Fjäll, das in diesem Sommer massiv ausgebaut wird. Grosse Waldflächen werden für Neubauten gerodet. Zum Glück liegt unser Campingplatz weit von dieser Baustelle entfernt am Söralven.
Wusstest du, dass unsere Schafe und Ziegen vom Moshusochsen abstammen? In Tännäs besuchen wir in einem Wald ein Gehege dieser Tiere. Dabei sehen wir eine Kuh, der Ochse und ein Kalb. Auf der Führung erhalten wir viele Informationen über das Wiederansiedlungsprojekt in der Region. Im Härjedalens Fjällmuseum in Funäsdalen bekommen wir einen Ordner mit Erklärungen auf Deutsch und erfahren dadurch auf dem Rundgang viel vom Leben und der Kultur der Samen in der Grenzregion zu Norwegen. Diese beiden Weiterbildungen lassen wir auf einer nächsten Wanderung durch die Moorlandschaft mit Birken und Wachholder entlang der höchstgelegenen Strasse Schwedens setzen. Auf einer gutunterhaltenen Naturstrasse erreichen wir den höchsten Punkt auf 975 m. ü. M. in Flatruet. Puh, hier bläst ein rauer Wind! Schnell geniessen wir die schöne Landschaft wieder durch die grossen Fenster unseres Fahrzeuges.
Diesen ersten Teil unserer Reise durch Schweden lassen wir am Mittag in Mörsil, bei einem leckeren Essen im Kretsloppshuset und am Abend auf dem Campingplatz Ristafallet unweit der Stromschnellen mit ihren gewaltigen Wassermassen in Undersäker ausklingen.