Die ruhigste Stadt der USA

 

Die Fahrt am Neujahrstag von Cottonwood nach Phönix ist schlimm. Noch nie haben wir auf diesem Kontinent einen so hektischen Strassenabschnitt erlebt. Zum einen fahren Autos auf der Überholspur weit unter dem zulässigen Limit, was auf der anderen Seite die Schnellfahrer dazu verleitet, laufend von einer Spur auf die andere zu wechseln. Volle Konzentration ist gefordert! So sind wir überglücklich, als wir beim Lost Dutchman CG einfahren. Eine positive Überraschung folgt sogleich, hinter uns folgt ein Womo mit einem Schweizerkreuz an der Front. «Es guäts Nöis», kommt aus dem Fahrerhaus. Fränzi, die in New Mexiko lebt, erwartet auf diesem Platz Freunde, Karin und Bruno, aus Kanada. Am Lagerfeuer geben uns die Auswanderer viele Tipps und ihre Bratwürste schmecken uns sehr. Vielen Dank an die drei für alles.

Neujahrsmorgen

 

 

Von hier aus geniessen wir bei Ausfahrten und Wanderungen die abwechslungsreiche Vegetation der Sonoran Wüste und die himmlischen Sonnenuntergänge über Phönix.

 

Nicht alles geht rund auf unserer Reise. Wer mich kennt, weiss dass für mich Autos Fortbewegungs- und Transportmittel sind und keine Schaustücke. Unser T6 hat bereits auf dem Campingplatz in Las Vegas Harztropfen von der Pinie auf dem Stellplatz abbekommen. Das sah sogar für mich schrecklich aus. Die Frontscheibe musste sofort gereinigt werden, da die Sicht massiv eingeschränkt war. Mit Haushaltpapier, einem Lappen und Fensterreiniger, der uns ein neuer Gast spontan zur Verfügung stellte, erreichten wir ein akzeptables Resultat. Wie aber bringen wir diese Flecken von der Karoserie weg, ohne die Lackierung zu beschädigen. Der erste Versuch in einer Autowaschstrasse brachte trotz Vollprogramm keine Besserung. Ein Verkäufer empfiehlt uns ein Spezialreiniger auf Reinbenzinbasis, der auch bei Teerflecken funktionieren soll. Gemäss Gebrauchsanweisung darf das Mittel nicht bei Sonnenschein und nicht auf heissem Metall eingesetzt werden. Seit dem Kauf haben wir aber entweder Sonnenschein und damit aufgeheiztes Blech oder es ist so kalt, dass ich keine Lust auf diesen Einsatz habe. Erst 20 Tage nach dem Missgeschick ist der Himmel einmal bei angenehmen Temperaturen bedeckt. Sofort einen Versuch an einem kleinen Flecken starten! Juhui, der Flecken verschwindet und der Lack verändert sich nicht! Nach 1,5 Std. harter Arbeit sieht die Fassade unseres «Wohnhauses» wieder ansprechend aus.

 

Im Raum Tucson machen wir den nächsten Halt. Die Strassen durch den Saguaro NP sind zum Glück offen, so können wir durch den Kakteenwald wandern. Im Garten des Arizona Sonora Desert Museums finden wir eine eindrückliche Sammlung an Kakteen und Agaven. Ein weiterer Höhepunkt in diesen Tagen ist die Tropfsteinhöhle im Kartchner Caverns SP. Die zahlreichen Formationen sind optimal belichtet und die Informationen des Rangers wären wohl umfassend, wenn man perfekt Englisch verstehen würde.

 

Fränzi hat uns auf die Whitewater Draw Wildlife in McNeal aufmerksam gemacht. Hunderte von Kranichen überwintern zusammen mit Enten und anderen Vögeln in diesem Flachwasser mitten in der Steppe. Am Anfahrtstag regnet es und die Schlammpiste gibt unserem T6 einmal mehr diese gewisse Patina. Am nächsten Morgen schälen wir uns, sobald es hell wird, aus dem kuscheligen Schlafsack, stapfen durch den Schlamm und sehen im mystisch wirkenden Nebel die ersten Kraniche aufsteigen. Reihe um Reihe fliegen die Vögel ostwärts, nachdem sie im seichten Wasser herumgestakt sind. Bei der Weiterfahrt sehen wir sie wieder, wie sie auf einem abgeernteten Maisacker ihr Futter suchen. Heute, hier im City of Rock SP (Entfernung 200 km Luftlinie) sehen wir nochmals eine Kette Kraniche über uns hinweg fliegen. Ob die ein Trainingsflug gemacht haben?

 

Seit Wilcox fahren wir wiederholt neben Pecannuss Plantagen, Rebflächen sowie Mais-, Baumwoll- und Getreidefeldern vorbei. Beeves stehen normalerweise in der Steppe, aber einmal schauen uns die schwarzen Rinder aus einer Baumwollplantage an. Ob die wohl ausgerissen sind?

 

Haben wir uns verfahren? Aber die Hinweistafeln finden wir immer wieder! Unvorstellbar, dass in dieser Steppenlandschaft mit vereinzelten pyramidenförmigen Erhebungen und weit entfernten Bergketten innerhalb von 5 km die City of Rocks sein soll. Wieder kommt eine Abzweigung, wie sie unser Navi angekündigt hat. Die Strasse steigt weiter leicht an und immer noch nur Steppe! Dann über eine Kuppe und nun sehen wir sie in einer Senke, die Ansammlung von Rocks auf einem kleinen Flecken in dieser endlosen Ebene. Nur, anstatt weit verstreut zwischen den Steinen, stehen die RV’s in Reih und Glied, das gewohnte Bild bei privaten Anbietern. Nicht unser Ding!

 

Das Visitorcenter ist noch offen; schnell schauen, ob es eine Wanderbroschüre gibt. Das Personal hätte eigentlich seit Kurzem Feierabend. Trotzdem machen die Frauen uns darauf aufmerksam, dass nur gewisse Plätze windabgewandt sind und empfehlen uns den Platz Nr. 6. Sofort los, es ist ja Freitagabend und üblicherweise Andrang auf die guten Plätze. Wir finden den empfohlenen Standplatz unter einem Baum zwischen riesigen Steinbrocken wie wir sie schon vom Joshua Tree NP kennen. Ein Residenzplatz für uns allein. Und wieder einmal kann unser T6 seine grosse Stärke ausspielen, dank den kleinen Abmessungen können wir soweit zurückfahren, bis er ganz eben steht. Perfekt!

City of Rocks

 

Noch ein Wort zu den aufgereihten RV’s, es handelt sich um die Stellplätze mit Stromanschluss. Die vielen anderen Plätze sind zwischen den Steinen originell angelegt. Sie sind im Moment aber nur sehr vereinzelt belegt, da wir Tageshöchsttemperaturen von 8 °C und Nachttemperaturen um den Gefrierpunkt haben. Wir geniessen jedoch das City-Feeling und stromern an den folgenden Tagen zwischen den Steinen umher, besteigen den Tafelberg in der Nachbarschaft, wandern auf dem bequemen Weg rund um die City und geniessen die absolute Ruhe in der Nacht.

 

Das White Sands Nat’l Monument und der Carlsbad Caverns Nat’l Park werden wir wohl, wie vor einigen Tagen schon das Chiricahua Nat’l Monument, auf unserer Besucherliste definitiv streichen müssen, da ein Ende des Shutdown nicht in Sicht ist. Ab morgen werden wir durch Texas Richtung Mississippi fahren. Wir sind gespannt, ob die State Parks an der Strecke ebenso interessant sind, wie die bisherigen.