Juli 2015, auf den Seen im Süden von Hällefors

 

Aller guten Dinge sind drei! Ein weiteres Mal wollen wir das Wassersystem um Hällefors erkundigen. Dieses Mal kombinieren Käthi und ich den Hinweg mit dem Besuch von 3 VW-Bus-Ausbauern. Der Wettbewerb lautet: Welcher Betrieb liefert uns das optimale Fahrzeug für unsere zukünftigen Traumreisen im 3. Lebensabschnitt? Bei unserem Start wissen wir noch nicht, dass auch unser treuer Honda Jazz Überraschungen für uns bereithält.

 

Der Wetterbericht meldet für die kommenden Tage für Deutschland hochsommerliche Temperaturen. Zudem wollen wir bereits am ersten Tag zwischen Ulm und Stuttgart die Anbieter Werz und Fischer besichtigen. Beim Sonnenaufgang sind wir daher schon im unteren Rheintal und gönnen uns im Autohof in Aichstetten ein ausgiebiges Frühstück. Trotz intensivem Verkehr um Ulm erhalten wir noch vor dem Mittag in Upfingen einen guten Eindruck über das Vorgehen der Mitarbeiter der Firma Werz beim Ausbau eines VW-Transporters. Wir erhalten wertvolle Tipps und unser Fragenkatalog wir umfassend beantwortet. Am Rande von Bad Urach finden wir einen idealen Spazierweg zu einem Wasserfall, um die Eindrücke im Schatten von grossen Buchen setzen zu lassen, das Picknick einzunehmen und die Mittagshitze von 30°C auszuhalten.

 

Die Ausführungen von Fischer jun. über die Möglichkeiten seiner Firma bei der Erfüllung unseres Traumfahrzeugen sind ebenso interessant und weichen nur wenig vom ersten Anbieter ab. Das etwas aktuellere Dekor ist sein Pluspunkt. Einige betriebsinterne Äusserungen, zu Nachfragen von Kunden, bleiben aber als negative Punkte hängen.

 

Eine knappe halbe Stunde später stehen wir um Stuttgart im ersten Stau und nur wenig später läuft dann gar nichts mehr. Nach einer gefühlten Ewigkeit passen wir unsere Pläne in Pforzheim der neuen Situation an und bauen unser Zelt im Kleinenzhof ein erstes Mal auf.

 

Am nächsten Morgen wollen wir die Zeit im Stau vom Vortag wettmachen und fahren nach einer ruhigen Nacht kurz nach dem Öffnen der Barriere weiter Richtung Norden. Kurz vor dem Mittag besuchen wir in Egelsbach Reimo, den 3. Anbieter. Im Gegensatz zu den Kleinbetrieben von gestern geht es hier um eine breite Palette von Standardausbauten. Der Verkäufer ist gewohnt, vorhandene Fahrzeuge ab Platz zu verkaufen. Spezielle Ausbauwünsche sind schwierig bis unmöglich. Trotzdem erhalten wir auch hier neue und interessante Inputs.

 

Kurz nach dem Mittag stehen wir bei 34°C in Frankfurt im Stau. Dann rollt der Verkehr wieder, aber noch mehrmals sind gute Bremsen gefragt, wenn die Autos unerwartet wieder auf allen drei Fahrspuren stehen. So müssen wir auch unser heutiges Tagesziel anpassen und checken am Abend auf dem «Comfort» Camping Seeburg in Duderstadt ein. Unter Comfort verstehen wohl nicht alle das gleiche: – kein direkter Seezugang, – Hundekot auf der Zeltwiese, – keine Nachtruhe auf dem Platz, – Lärm von Betrunkenen vom Gasthaus, – Mähdrescherlärm. Der pünktliche Hahn um 04.00 Uhr und das Vogelkonzert am frühen Morgen sowie die gurrenden Tauben versöhnen uns ein ganz wenig.

 

Nicht erstaunlich, dass wir auch an diesem Morgen den Campingplatz früh verlassen und auf die A7 zurückkehren. Kurz nach der Ausfahrt 52 nach Celle muss ich wegen einem Stau wieder heftig auf die Bremse drücken und nun ist das gestrige Geräusch von Metall auf Metall unüberhörbar. Natürlich ist es Samstag. Müssen wir das Wochenende in dieser glühenden Hitze aussitzen? Das Autohaus «Herbst» im nächsten Autohof ist unsere Rettung. Der Mitarbeiter organisiert in der Nähe passende Bremsbeläge. Vor Betriebsschluss um 13.30 Uhr rollt unser Jazz mit uns Richtung Ausfahrt 44, von wo wir über Lauenburg den Grossraum Hamburg umfahren. Sobald wir wieder auf der Autobahn sind, folgen weitere Staus und die Wartezeit in Puttgarden ist auch wesentlich länger als bisher. Um 20.15 Uhr verlässt unsere Fähre Deutschland und 5/4 Stunden später bekommen wir in Maribo nicht nur einen super Stellplatz, sondern können den stressigen Tag bei einem Jazzkonzert ausklingen lassen. Welch ein Gegensatz zum Vorabend!

 

Am nächsten Morgen fahren wir durch Dänemark und erreichen Schweden in Helsingborg noch vor dem Mittag. In Markaryd beim Campingplatz gibt’s Mittagsrast. Dieses Mal fahren wir auf der Westseite des Vätternsees durch eine liebliche Landschaft. Schade, dass es nicht mehr grosszügige Rastplätze an dieser Strecke gibt. Eine weitere ruhige Nacht verbringen wir im bezaubernden Stenkällegarden, der an der Zufahrt zum Tiveden Nationalpark liegt. Am Morgen wandern wir in Park durch den wilden Wald mit alten Tannen, riesigen Felsbrocken und einem See mit so saurem Wasser, dass längst keine Fische mehr darin leben können. Über Akersund, Örebro und auf einer prima Naturstrasse durch den Ökopark Kilsbergen erreichen wir gegen Abend Hällefors. In der Nacht komplettiert sich das erfahrene Paddelteam der bisherigen Touren.

 

Sobald wir die Route festgelegt, die Vorräte eingekauft und alles wasserdicht gepackt haben, führt uns Sico dieses Mal südwärts an einen See. Heute müssen wir wenige Paddelschläge machen und können bereits unser erstes Camp aufbauen. Dank der vorhandenen Schutzhütte und einer Toilette auf dem Hügel können wir uns auf die Platzierung der Zelte und das Holzrüsten konzentrieren. Ein gutes Feuer lohnt sich, denn es gibt Backkartoffeln und Entrecotes.

 

Die erste Nacht in der wirklichen Wildnis ist immer ein Erlebnis der besonderen Art. Die reine Luft, das Rascheln um das Zelt, die angenehme Temperatur, der erdige Geruch, das Plätschern der Wellen und der fehlende Autolärm helfen, die bisherige Reise zu rekapitulieren und sanft und langsam im hier und jetzt anzukommen. Am Morgen folgt das Erwachen im schon um halb sechs von der Sonne aufgewärmten Zelt. Nach dem Konzert der Vögel dringen die Geräusche der Feuermacher in dein Bewusstsein und später die Paddelschläge derjenigen, die im See draussen Wasser für das Frühstück holen. Momente des vollkommenen Glücks!

 

Wohnstube

 

Nach dem gemütlichen Verweilen auf diesem herrlichen Platz und einer weiteren erholsamen Nacht folgt ein Paddeltag über den See. Der angekündigte Wind macht uns schon bald zu schaffen. Nach einer Erholungspause in einer geschützten Bucht müssen wir wieder auf den See mit seinen Schaumkronen.  Der Start gelingt, aber wir alle kommen bei den hohen Wellen an unsere Grenzen und die Ausbootstelle, um auf den nächsten See zu gelangen, verfehlen wir. Durch Gebüsch, über Steine und durch den Sumpf finden wir wohl den richtigen Platz, aber nochmals müssen wir auf den welligen See hinaus. Dank dem Teamgeist meistern wir auch diese Aufgabe. Aber nur mit viel Glück ist nach einem Ausrutscher in eine Felsspalte nur ein blutiges und an mehreren Stellen aufgeschürftes und kein gebrochenes Bein zu beklagen. Anschliessend müssen die Boote über eine steile Rampe auf die Strasse und zum wieder tiefergelegenen Wasser geschoben werden. Das wirft unseren Zeitplan über den Haufen. So richten wir für diese Nacht bei nächster Gelegenheit ein einfaches Lager ein.

 

Die nächsten beiden Tage verbringen wir nach einer kurzen Paddelstrecke auf einer Halbinsel. Auf dem Hinweg sind wir nahe an einem Adlerhorst mit Jungtieren vorbei geglitten. Wir meinen drei Jungtiere im Nest erblickt zu haben, können den Erfolg am Ruhetag aber nicht wiederholen. Die schönen Tiere wollen ihre Ruhe haben. Dafür finden wir wieder Pilze, Heidelbeeren und holen Feuerholz von weiter her, da sich das Holz rund um den Lagerplatz rar macht. Wegen starkem Regen verschieben wir unseren Aufbruch um einen weiteren Tag und trotzen dem garstigen Wetter in unseren guten Zelten.

 

Auch am folgenden Paddeltag ist der See unruhig. Zum Glück haben wir den Wind im Rücken, so müssen wir in erster Linie darauf achten, dass unser Boot auf Kurs bleibt. Die Anspannung ist aber trotz dem bei uns allen spürbar. Es folgt eine längere Strecke auf der Strasse, dabei finden wir neben dem Weg die Pilze für das Abendessen und treffen bei einem Ferienhaus eine Frau aus Örebro, die Mitleid mit uns hat, da das Wetter unsicher bleibt. Am nächsten See bleibt unsere Köchin in Sumpf stecken. Da schon zwei Boote auf dem Wasser sind, rettet sie der Ehemann allein aus ihrer misslichen Lage. Erneut können wir unser Camp an einer herrlichen Stelle mit Blick auf den vom Wald eingefassten See aufstellen. Da wir diesen Platz ganz für uns alleine haben, bleiben wir auch hier zwei Nächte und nehmen in Kauf, dass wir am letzten Tag eine grössere Strecke paddeln müssen.

 

Diese letzte Etappe fordert uns auf ganz neue Art. Auf dem kurze Stück Landweg attakieren uns die Mücken wie noch nie auf unseren Touren und zudem müssen wir warten, weil eine grössere Gruppe vor uns schlecht organisiert ist und sehr lange hat, bis sie die Einbootstelle frei macht. Später fordert uns die letzte Seeüberquerung alles an Orientierungssinn ab. Noch nie waren wir uns in der Gruppe so unsicher, welcher Seearm uns zur Stelle führt, von wo wir unseren Rücktransport vereinbart haben. Einmal mehr haben wir Glück und entscheiden uns für die richtige Richtung und treffen kurz vor dem vereinbarten Zeitpunkt am Treffpunkt ein. Anschliessend reinigen wir die gemieteten Sachen, teilen unsere Sachen so auf, dass das Fluggepäck in der Freigrenze liegt und den Rest verstauen wir im Jazz für die Rückfahrt.

 

Eingebürgert hat sich bei unseren Touren, dass wir, am Abend unserer Rückkehr, die Pizzeria besuchen. Dieses Jahr hat Schweden die Pizza «Vulcano» entdeckt, im teigfeien Krater in der Mitte ist eine Portion Pommes mit Salat und Knoblauchsauce platziert und aussen herum folgt eine normale Pizza. Diese Variante empfiehlt sich nur bei sehr grossem Hunger, aber deckt nach der phantastischen Campingküche die Lust auf Pizza und Pommes in einem ab.

 

Am Morgen fahren Käthi und ich ab, bevor die fliegende Gruppe aufsteht. Nach 15 Std. und einer Fährpassage mit deutlich spürbaren Wellen, übernachten wir in Gemersdorf bereits auf deutschem Boden. In der folgenden Nacht möchten wir Deutschland möglichst ohne Stau durchqueren. Aus diesem Grund schlendern wir in Sierksdorf dem Strand entlang und geniessen die schöne Promenade mit Kaffee’s, Shop’s und Galerien. Als wir den Jazz für die den Besuch der Hansestadt Lübeck starten, überrascht er uns mit der dauerleuchtenden Batterielampe. Nur ja nicht den Motor abstellen, sonst sitzen wir wohl fest! Auf der Suche nach einer Garage machen wir eine erste Lübeck-Besichtigung. Erst auf der anderen Stadtseite finden wir einen Betrieb, der wenn auch keine Honda so wenigstens eine Bosch Werbetafel angebracht hat. Tatsächlich ist die Lichtmaschine im Eimer und wir haben wieder einmal Freitagnachmittag. Das Ersatzteil trifft frühestens am Montag ein.

 

Einmal mehr haben wir Glück im Unglück. Die Ferienwohnung des Garageinhabers ist über das Wochenende frei und liegt direkt neben der Haltestelle des ÖV. So lernen wir über das Wochenende die Hansestadt mit ihren Fachwerkhäusern und Kanälen sowie den Fluss Trave bis an seine Mündung kennen. Ein Zwangsaufenthalt mit sehr positivem Nebeneffekt.

 

Am Montag glückt die Reparatur und kurz nach Mitternacht erreichen wir Fürstenau wohl behalten und mit vielen schönen Erinnerungen.