Rot wie Feuer
Wir haben uns mit Hilfe des Reiseführers für den Hidden Canyon Trail im Zion NP entschieden und sind am Wepping Rock aus dem Shuttle ausgestiegen. Wir besichtigen mit vielen weiteren Besuchern den hängenden Garten und wollen uns ausserhalb der Massen während den nächsten Stunden die Füsse vertreten. Warum muss genau der von uns favorisierte Weg in das verborgene Tal gesperrt sein?!?! So ärgerlich! Der Weg zum Observations Point via East Rim Trail wird mit 6 Std. veranschlagt und liegt somit jenseits unserer verfügbaren Zeit, da es im Moment bereits um 19.00 Uhr dunkel ist. Jä nu, dänn gömmer halt es Stuck uf däm. Was mit Unmut beginnt, bezeichnen wir am Abend als die bisher schönste Wanderung! Der schmale Weg steigt gemächlich durch den steilen Hang hinauf. Über uns sehen wir ab und zu die Köpfe anderer Wanderer und erahnen dadurch den weiteren Verlauf des gut ausgebauten Weges. Wir biegen um eine Ecke und befinden uns unvermittelt am Anfang eines Canyons mit Steinmühlen und wunderschönen Licht-Schattenspielen. Die positiven Überraschungen motivieren uns immer weiter zu gehen. Auch nach dem Canyon führt der Weg durch Blumen, Kakteen, alte Pinien und weiteres Buschwerk. Der Untergrund wechselt seine Farbe von rot, gelb, weiss und grau zu ocker in den verschiedensten Abstufungen. Einmal sehen wir ins Hinterland, das andere Mal ins Tal hinaus oder eben einfach an die Felswände in den bereits erwähnten Farben, die neben uns wohl über 100 m geradewegs dem Himmel zu streben. Dass wir dann in Anbetracht der fortgeschrittenen Zeit noch vor dem Observations Point kehren, stört uns in keiner Weise.
Das ist unser gestriges Erlebnis gewesen. Auch die übrigen Tage seit dem letzten Bericht sind mit meistens schönen Höhepunkten gefüllt. Am Anfang müssen wir aber mit den verheerenden Waldbrandflächen vor und im Yosemite NP fertig werden. Wir sind stundenlang durch sie gefahren und an der Tioga Rd. durchqueren wir trotz Regen und Schneeflocken ein aktives Bodenfeuer. Wir sehen, wie ein umgestürzter Baum von innen nach aussen brennt und aus dem Waldboden Rauch hochsteigt. Ein unheimlicher Anblick!
Trotzdem, dieser Tag beschert uns mit den senkrechten Granitfelsen und den Wasserfällen positive Augenblicke. Am nächsten Tag erleben wir den Yosemite von seiner besten Seite. Bei strahlend blauem Himmel wandern wir zum Dog Lake (erinnert uns ans Engadin) und steigen auf den Lembert Dome. Die Rundsicht auf die Meadow, den Canyon und die frisch verschneiten Berge rund um uns herum ist grandios.
An den folgenden Tagen bestaunen wir die Tuffsteingebilde am Mono Lake, die glänzenden Obsidianbrocken vor Mammoth Lake und die «Scheiterhaufen» von Basaltsäulen am Devils Postpile. Wie unbedeutend wir für den Erdenlauf sind, zeigen uns die Uraltkiefern auf über 3000 m. ü. M., die bis zu 4700 Jahre alt sind.
Die meisten Wildwestfilme wurden in den Alabama Hills vor unserer Geburt gedreht. Wir können es nicht lassen und stellen unseren T6 dorthin, wo vor Jahren die schiesswütigen Männer wagemutig auf ihren Pferden durch die Felssäulen geprescht sind. Wir übernachten an diesem Abend mit direkten Blick auf den Mount Whitney, dem mit 4421 m höchsten Berg der USA ausserhalb von Alaska.
War es nach dem Millerton Lake doch recht frisch, so tauchen wir nun ins sommerlich heisse Death Valley. Mit 30°C am Tag und knapp 20° in der Nacht lassen sich die Dünen, der Salzsee am tiefsten Punkt der USA und die Artist Drive angenehm besuchen. Wir sehen in dieser Wüstenlandschaft auf dem Weg Richtung Las Vegas die ersten Joshua Trees. Die Spielerstadt sparen wir uns bis Ende November auf, wenn wir wegen der Aufenthaltsbewilligung vorübergehend nach Hause zurückfliegen müssen.
Ja, und dann tauchen wir ins «Rot wie Feuer» ein! Das Valley of Fire empfängt uns im Abendlicht mit seiner Leuchtkraft. Wir nächtigen zwischen diesen löchrigen Felsbrocken, besuchen die Fire Wave an der Scenic Drive und stellen fest, dass es mitten in diesem Feuertal auch einen White Dome und andere Farbnuancen gibt. Die Weiterfahrt führt uns zunächst wieder durch karge Wüstenlandschaft, unterbrochen durch grüne Oasen wie in Overton. Auf der Interstate 15 durch den imposanten Virgin River Canyon gelangen wir in den Staat Utah mit seiner grossen Konzentration von NPs. In den letzten Tagen/Nächten schlafen und schreiben wir in und stromern durch die Red Cliffs Recreation Area. Wie schon der Namen sagt, wieder eine Landschaft mit roten Felsen, aber dieses Mal mit Abdrücken von Dinosauriern. In den Canyons wachsen Bäume, Sträucher und Büsche, also wohltuendes Grün für unsere Augen.
Mal sehen, ob das Feuerwerk an Eindrücken auch in den folgenden Parks anhält?