Sommer 2017, wasserreiches Skandinavien

 

Seit dem letzten November haben wir unseren Werz-Piccolo. In den Frühlingsferien auf Elba konnten wir uns von seinen Vorzügen in den südlichen Gefilden überzeugen. Nun kommt der grosse Test für unsere Kanada – USA Reise im kommenden Jahr. Funktioniert unser Gefährt auch in den kühleren und feuchteren Regionen. Die dreiwöchige Reise durch Schweden, Norwegen und Dänemark soll auch klären, welche Ausrüstung wir nach Übersee mitnehmen.

 

Nach einem heftigen Gewitter um Mitternacht können wir nicht mehr einschlafen und brechen daher am Sonntag schon um 03.00 Uhr zu unseren letzten Sommerferien auf (ich gehe Ende März 2018 vorzeitig in Pension). Erst in Göttingen nimmt der Verkehr merklich zu. Das Walsrode Autobahnkreuz ist eine riesige Baustelle und so kommen wir doch noch zu unserem ersten Stau. Unsere Umfahrung von Hamburg führt uns dieses Jahr bis zum Bahnhof Uelzen, einem Kunstwerk von Friedensreich Hundertwasser. Eine erste ruhige Nacht verbringen wir am Lütauer See in der Nähe von Mölln. Nach den ersten 1000 km erholen wir uns prächtig an diesem von Wald umgebenen See.

 

Sommerzeit – Ferienzeit – Umfahrungen – Stau. So landen wir am nächsten Tag um die Mittagszeit in Lübeck und frischen die Erinnerungen an unseren Zwangsaufenthalt im Jahr 2015 in dieser Stadt auf. Zwei Stunden später verlassen wir die Hansestadt mit dem obligaten Marzipan und einem aufgestockten Vorrat an Lesestoff. Am späteren Nachmittag treffen wir auf dem Campingplatz Mons Klint ein. Da der Wetterbericht für die Nacht und Morgen starken Regen ankündigt, wählen wir auf dem Wiesengelände einen Platz, den wir bei nassen Verhältnissen verlassen können. Zudem wandern wir umgehend an die höchste Kreideklippe Dänemarks. Leider haben wir Flut und der Strand liegt unter Wasser. So können wir die Kalksteinwände nur von den Aussichtspunkten betrachten. Dafür heben sie sich farblich hervorragend von den dunklen Wolken ab, die den Himmel überzogen haben. Den Bus erreichen wir noch trockenen Fusses, aber in der Nacht prasselt der Regen auf und der Wind rüttelt an unserem Aufstelldach. Wie sind wir dankbar, dass wir unser Frühstück im Trockenen geniessen können und die warme Dusche im Sani-Gebäude schätzen wir bei diesem Wetter auch mehr als üblich. Durch ein Wechselbad von Regen und kurzen trockenen Abschnitten erreichen wir am Abend den Campingplatz in Markaryd.

 

Am nächsten Morgen erbarmt sich Petrus und ermöglicht uns eine interessante Wanderung durch den Nationalpark Store Mosse bei gut 20°C. Eine uns völlig fremde Landschaft. Wir wandern auf Bretterstegen durch die Moorlandschaft. An wenigen Stellen kann man erahnen, dass das Moor auf einer Wander-Sand-Düne und auf Moränen liegt, die vor Jahrtausenden nach dem Rückzug der Gletscher entstanden sind.

 

Die Weiterfahrt führt uns nicht nur durch endlose Wälder, sondern auch durch eine Kornkammer Schwedens. Am Abend erleben wir in Mariestad am Vänersee einen fulminanten Sonnenuntergang. Wohl auf jeder bisherigen Schwedenreise schwärmte jemand von den Dörfern am Siljansee. Wir durchqueren diese Schmuckstücke mit ihren gepflegten Anwesen hinter den ursprünglichen Schrägzäunen am folgenden Tag. Langsam kommen wir in rauere Landschaften, die Flüsse werden wilder, die Bäume kleiner und die Siedlungen seltener. Wir fahren dem Osterdalälven entlang und zweigen dann zum Nationalpark Fulufjället ab. Bei unserer Rundwanderung treffen wir auf eine ausgedehnte Moorlandschaft, einen imposanten Wasserfall und mit dem Old Tijkko, auf den mit 9500 Jahren ältesten Baum der Welt sowie auf ein wuchtiges Sandstein-Plateau. Eine exzellente Ansammlung von neuen Eindrücken für uns. Einfach Fantastisch!

 

Was passiert, wenn innert 24 Stunden 400 mm Regen fällt? 1997 riss eine Flutwelle mit 300 Kubikmetern Wasser pro Sekunde einen ganzen Wald in die Tiefe. Die Stämme liegen auch heute noch kreuz und quer am Ende einer 12 km langen Schotterpiste am östlichen Ende des Parks. Das war wohl eine lokale Sintflut, unheimlich. Heute bleibt es trocken und so geniessen wir die erste Nacht in der einsamen Wildnis.

 

Am nächsten Tag reisen wir in Norwegen ein und damit verändert sich unser Ausblick schlagartig. Das Wetter wird noch instabiler, das Schwedenrot der Gebäude wird durch Schwarz mit weissen Fenstereinfassungen abgelöst und das Land wird intensiv von kleinstrukturierten Landwirtschaftsbetrieben bewirtschaftet. Die durchreisten Ebenen von Schweden werden von langen Tälern mit wilden Bachläufen zwischen hohen Bergketten und durch Fjellet (Hochebenen) sowie unzähligen Wasserfällen abgelöst. Schon nach wenigen Kilometern kreuzt ein Rentier unseren Weg und zwischen den Bäumen erkennen wir eine kleine Herde davon. Nur anhalten für eine Fotorunde können wir auf dieser kurvenreichen Strasse nicht. Über Koppang und Sollia erreichen wir mit Hjerkinn unseren nördlichsten Punkt auf dieser Reise sowie die E6, die grosse Süd-Nordstrasse in Norwegen. Wir folgen ihr bis Otta, haben dann aber genug vom intensiven Verkehr und geniessen auf der Strasse 51 die grandiosen Aussichten in die fast unberührte Natur und die hohen Berge und endlosen Seen im Jotunheimen Nationalpark. An diesen Tagen besichtigen wir die sehr alten und gut erhaltenen Stabkirchen in Sollia und Borgund. Erstaunlich wie sich das Holz über Jahrhunderte gehalten hat.

 

In Laerdal treffen wir auf unseren ersten Fjord. Ein spezielles Gefühl 200 km von der Küste entfernt am Meerwasser zu stehen. Auf der Weiterfahrt nach Bergen erleben wir den Massentourismus. Gemäss Reiseführer kann man den Flamsdalsvegen ohne Problem mit dem WOMO bis zum Wanderparkplatz beim Kreuzungsbahnhof der Flambahn hinauffahren und von dort stundenlang wandern oder mit der Flambahn hochfahren und zurücklaufen. Dass hunderte von Wanderern und Velofahrern auf der schmalen Strasse entgegenkommen und der hinterletzte Platz in der Bahn von den Kreuzfahrtschiffgästen belegt ist, bleibt unerwähnt. Wir fühlen uns mit unserem Büssli sehr deplatziert und verlassen das Tal ohne die Wanderschuhe angezogen zu haben.

 

Dass wir nicht die einzigen Touristen in Bergen sind, haben wir erwartet. Das schöne Städtchen bietet aber neben dem alten Stadtteil Bryggen noch weitere wunderschöne Ecken, die weit weniger überlaufen sind. Die engen Gassen und die kleinen, niedrigen Läden in der Hauptattraktion sind sehenswert und in einigen Häusern werden regionale Kunsthandwerke feilgeboten, die mehr als eine Versuchung sind. In den folgenden Tagen fahren wir zuerst dem Hardangerfjord entlang ostwärts um danach grösstenteils auf der 9er am südlichsten Punkt Norwegens in Lindesnes zu landen. Auf diesem Reiseabschnitt staunen wir nicht nur über die Beeren- und Kirschbaumanlagen entlang des Fjords, sondern auch über einen Verkehrskreisel der mitten im Berg gebaut wurde und wenig später über mehrere Kehrtunnels für den Strassenverkehr, die wir bei uns nur vom Bahnbau her kennen.

 

Bergen

 

Sowohl in Bergen als auch in Lindesnes haben wir Wetterglück. Prasselt der Regen an den übrigen Tagen stundenlang auf unser Büssli, geniessen wir an beiden Orten einige Stunden den Sonnenschein auf unserem Stadtbummel, resp. auf unserer Wanderung vom Campingplatz zum Leuchtturm an der Schärenküste. Bereits am folgenden Tag öffnen sich die Himmelsschleusen erneut und so beschliessen wir, Norwegen mit der Fähre von Kristiansand nach Hirtshals zu verlassen. Dass solche Blitzentscheide seinen Preis haben, stellen wir am Fährhafen fest. Die günstigen Angebote im Internet beziehen sich nur auf Reservationen lange zum Voraus. Als eines der letzten Fahrzeuge erhalten wir wenigstens einen Platz auf dem vollbelegten Schiff.

 

Der Regen begleitet uns auch in den kommenden Tagen und so stellen wir am Ende unserer Reise fest, dass wir während den 3 Wochen keinen Tag ohne Niederschlag erlebt haben. Um so mehr geniessen wir die zwei farbintensiven Sonnenuntergänge an der Westküste Dänemarks. In Nystrup Klitmoll finden wir einen Campingplatz mit grosszügigen Stellplätzen zwischen dem niedrigen Wald. Wir können vom Camping an den Strand spazieren und am folgenden Tag durch das nahe gelegene Naturschutzgebiet wandern. Die Dünenlandschaft mit ihren speziellen Pflanzen bietet uns erneut ein uns unbekanntes Bild auf dieser Nordlandreise. Zudem erblicken wir am gegenüberliegenden Seeufer eine grosse Population Kraniche, die mit der Flugschule der Jungtiere beschäftigt ist. Mit einem besseren Feldstecher wäre diese Vogelbeobachtung genussreicher gewesen. Die Packliste für die kommenden Reisen wird umgehend ergänzt! Dank den gefundenen Pilzen kommen wir doch noch zu unseren ersten Steinpilzcrostini des Jahres. Am nächsten Morgen können wir dank wolkenlosem Himmel zum ersten und einzigen Mal auf dieser Reise im Freien das Morgenessen geniessen.

 

Die Ferien neigen sich dem Ende entgegen. Dänemarks Landwirtschaftsbetriebe sind für unsere Begriffe sehr gross und in solcher Anzahl haben wir in Europa noch keine reinen Ackerbaubetriebe gesehen. Dazwischen riechen wir Schweinemastbetriebe bevor wir sie zu Gesicht bekommen. In Flensburg verlassen wir Skandinavien und fahren an diesem Tag weiter bis Soltau. Durch Starkregen und bei intensivem Strassenverkehr fahren wir am Folgetag bis zum Stellplatz bei der Therme Wörishofen. Die vielseitige Badelandschaft ist ein perfekter Schlusspunkt, um die interessante Reise ausklingen zulassen.

 

Dank der kühlen und nassen Witterung auf dieser Reise, den frostigen Nächten zwischen Weihnacht und Neujahr im Tessin sowie den Frühlingsferien im Süden sind wir nun sicher, dass unser T6 das perfekte Gefährt für die Reise durch Kanada und die USA sein wird. Auch bezüglich Ausrüstung und Kleider haben uns diese drei Wochen Sicherheit gebracht. Auf jeden Fall werden wir noch einen Wechselrichter einbauen lassen, damit wir unsere Elektronikgeräte unterwegs aufladen können.