Weisser Sandstrand und Blackwater River

 

Der Sonnen-Staat Florida begrüsst uns mit Nebel und kurzen Regengüssen. Erst am 4. Tag verdrängt die Sonne den mystischen Schleier. Wir stehen auf Gulf Islands Nat’l Seashore im Fort Pickens Campground. Wieder einmal ein krasser Landschaftswechsel. Wir hören das Rauschen der Brandung je nach Wind vom Golf oder von der Bay. Der Küstenstreifen ist mit dem angekündigten blendend weissen Sand überzogen, landeinwärts folgen meist niedrige Dünen mit Gräsern und Sträuchern bewachsen und nur im Bereich des Forts sowie dem Camping stehen schattenspendende Pinien und diverse Eichenarten.

 

Auf ausgiebigen Strandwanderungen erholen wir uns von New Orleans und den Tagen in den Sumpflandschaften. Wir laufen barfuss bis Käthi Blasen an den Füssen hat und ich mir im Nebel den ersten Sonnenbrand seit Jahren hole. Wir sehen dabei dem eleganten Flug der Pelikane auf ihrer Jagd nach Fischen zu, bestaunen das schnelle Vorankommen der Krebse bei ihren seitlichen Bewegungen und entdecken, dass sie in den runden Löchern im Sand ihren Unterschlupf haben. Käthi sammelt Muscheln und im Laden finden wir zum ersten Mal auf diesem Kontinent Appenzeller Käse. An einem Abend schmecken uns die ersten Artischocken des Jahres, himmlisch! Daneben geniessen wir den Austausch und das Beisammensein mit Ruth und Beat aus dem Säuliamt, die wir am letzten Tag in Louisiana getroffen und deren Weg sich auch am nächsten Platz nochmals mit dem unseren kreuzt.

 

Weniger ermutigend verläuft die Begegnung hier mit einem Reisenden aus Deutschland. Er ist frustriert auf dem Weg zurück nach Texas, da er in Florida ständig auf Camping «Full» gestossen ist und hier nach 14 Tagen die erste ruhige Nacht erlebt hat. Im Süden von Texas standen er und seine Frau dagegen auf herrlichen Plätzen meistens fast alleine. Unsere Recherchen auf Allstays und der folgende Besuch im Blackwater River State Park bestätigen seine Einschätzung. So kehren wir am 1. März nochmals auf den Fort Pickens CG zurück, um die Weiterreise halt im Detail zu planen und die bisherige Spontanität vorübergehend aufzugeben.

 

Können wir noch paddeln? In Louisiana wäre das Angebot auch vorhanden gewesen, aber das Wetter und die mangelnde Orientierung in den weitverzweigten Wasserstrassen haben uns abgeschreckt. Der Blackwater River wird als das Paddelrevier in Florida angepriesen. Bei der Ankunft im State Park steht schon einmal Campground «Full». Da wohl eine Absage eingetroffen ist, können wir trotzdem für eine Nacht einen schön angelegten Platz beziehen. Am nächsten Morgen sieht die Rangerin zuerst keine Möglichkeit für eine Verlängerung. Noch während unseres Morgenessens kommt dann aber die Erlösung: ein Gast ist vorzeitig abgereist und so ist eine weitere Nacht gesichert. Nun steht dem Paddelabenteuer nichts mehr im Wege. Wir fahren zum Anbieter, das Büro aber ist verlassen und auf der Tafel wird man aufgefordert, telefonisch Kontakt aufzunehmen. Das Dumme ist nur, dass unser iPhone keine Verbindung aufbaut. Zum Glück erscheinen zwei Damen die bereits eine Fahrt gebucht haben und so folgt bald auch der Vermieter. Wir können das Auto auf einen Parkplatz neben den River stellen, dort holt uns der Anbieter ab und fährt uns an den Ausgangspunkt, der mitten im Wald liegt. Wir schnappen uns zwei Stechpaddel und wählen ein uns aus den Schwedenreisen bekanntes Alu-Kanu aus, bekommen eine Rettungsweste und die Anweisung, das Boot bis 17.00 Uhr auf der Sandbank neben dem Parkplatz zu deponieren, wo der Bus steht. Käthi nimmt vorne Platz, ich steige dazu und schon sind wir im gewohnten Rhythmus. Da die Strömung sehr bescheiden ist, paddeln wir um die ersten beiden Sandbänke herum flussaufwärts und lassen den beiden Damen in ihren Kajaks flussabwärts den Vortritt. Wir sind mitten in der unverfälschten Natur, das Wasser ist relativ klar aber durch den Untergrund scheint es schwarz, wie schon der Name des Rivers verrät. Die nächsten 3 Stunden lassen wir uns treiben, geniessen die Ruhe und paddeln gegen die Strömung, wenn wir von den Schildkröten, die auf den in den Fluss ragenden Bäumen sitzen oder von den blühenden oder austreibenden Sträuchern nochmals Fotos schiessen wollen. Es sind Stunden des puren Glücks und die Erinnerungen an die Paddeltouren in Schweden kommen auf. Am nächsten Tag machen wir eine Rundfahrt durch den frühlingshaften Blackriver State Forest und kreuzen den River und einen paddelbaren Zufluss mehrmals. Nach unserer Einschätzung wäre eine mehrtägige Tour in diesem Gebiet gut vorstellbar.

Dank Tipps von einem Ehepaar aus Quebec, das 2 ½ Monate im Süden verbringt und im Moment ebenfalls auf diesem Camping steht, können wir über das Internet zwei weitere Nächte in diesem State Park buchen. Als Vorbereitung für die Detailplanung der Weiterreise buchen wir unseren 4-tägigen Aufenthalt in Fort Pickens ebenfalls über das Internet. Bis wir Erfolg haben, sind einige Hürden zu meistern und die Nerven liegen mehr als einmal blank. Aber der Einsatz lohnt sich, denn ich kann Euch schon verraten, dass wir unser Übernachtungsproblem vorläufig bis zum 18. März gelöst haben und uns dann in der Nähe der Everglades befinden werden.